«Arm, unglücklich, erschöpft? Dann mangelt es wohl am richtigen Mindset, am Willen, an ausreichend Disziplin, kurz: du bist selbst schuld.» So lautet das neoliberale Mantra unserer Zeit, lanciert von Politikern wie Ökonominnen, Influencern wie der eigenen Familie. Ausgeblendet werden dabei die gesellschaftlichen Bedingungen. Die Zuschreibung von Schuld an das Individuum ist ein grundlegender Mechanismus, um von gesellschaftlichen Missständen und Herrschaftsverhältnissen abzulenken. Jetzt legen 13 Autor:innen in persönlichen Essays Einspruch ein und ein Manifest kritischen Denkens vor.
Wolfgang M. Schmitt fragt, warum wir dem Staat irgendetwas schulden sollten, ob nicht vielmehr Staat und Regierung uns etwas schulden. Dabei nimmt er u.a. den aktuellen Diskurs von Patriotismus und Kriegstüchtigkeit auseinander, kritisiert Medien, Intellektuelle und Künstlerpersönlichkeiten als Anpassungsvirtuosen und plädiert für Fundamentalopposition.
Dietmar Dath überlegt, was man den Übervorteilten anbieten müsste, damit sie «aus dem Scheißspiel aussteigen», wie die gegeneinander Ausgespielten zu kooperieren lernen könnten, um den Herrschenden das Handwerk zu legen, und wie eine bescheidenere Intelligenz als die kleinbürgerlich denkende aussehen könnte.
Der Essayband »Selbst schuld!« wurde 2024 im Carl Hanser Verlag veröffentlicht und von Wolfgang M. Schmitt und Ann-Kristin Tlusty herausgegeben.